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Geplante Verschärfung der geldwäscherechtlichen Pflichten: Transparenzregister und Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter

1. Kernänderung im Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag sieht ein Transaktionsverbot für Rechtsgeschäfte über 10.000 € vor, wenn ein oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte einer juristischen Person nicht ermittelt werden können.

  • Bisherige Regelung: Ein generelles Verbot von Transaktionen über 10.000 € existiert nicht. Verpflichtete dürfen Geschäfte nur unterlassen, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten (inkl. Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten) nicht erfüllen können (§ 10 Abs. 9 GwG).

  • Neue Regelung: Transaktionen über 10.000 € sind unzulässig, wenn wirtschaftliche Berechtigte nicht identifizierbar sind – unabhängig von der Erfüllung anderer Sorgfaltspflichten.

Das bedeutet für dich: Wenn du als Verpflichteter ein Rechtsgeschäft prüfst, ist die vollständige Aufklärung der Eigentümerstruktur zwingende Voraussetzung für Transaktionen ab dieser Schwelle. Es reicht nicht mehr aus, nur die Mindeststandards der Sorgfaltspflicht zu erfüllen.

Geplante Verschärfung der geldwäscherechtlichen Pflichten: Transparenzregister und Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter

2. Kritische Änderung: Wegfall der „Notlösung“

  • Aktuell: Bei Nichtermittelbarkeit der wirtschaftlich Berechtigten greift die gesetzliche Fiktion (§ 3 Abs. 2 Satz 5 GwG). Hier gilt der gesetzliche Vertreter als wirtschaftlich Berechtigter.

  • Geplant: Die Koalition streicht diese Fiktion. Unternehmen müssen künftig lückenlose Nachweise führen oder riskieren Transaktionsverbote.

Das ist ein Gamechanger. In der Praxis konnte man sich bisher auf die gesetzliche Fiktion stützen, wenn es keine hinreichenden Informationen gab. Jetzt bist du verpflichtet, jeden wirtschaftlich Berechtigten transparent zu machen. Komplexe Holding-Strukturen oder Konstrukte mit ausländischen Trusts werden dadurch schnell zum Risiko.

3. EU-Vorgaben ab 2027: Bargeldlimit und Sorgfaltspflichten

Auch auf europäischer Ebene ziehen die Vorschriften deutlich an:

  • Ab dem 10. Juli 2027 gilt ein EU-weites Bargeldlimit von 10.000 € für gewerbliche Transaktionen.

    • Ausnahme: rein private Geschäfte.

  • Neue Verpflichtete im Blickfeld:

    • Fußballclubs, Immobilienmakler, Kunsthändler und Juweliere unterliegen zukünftig erweiterten Sorgfaltspflichten.

  • Krypto-Dienstleister: Bereits ab Transaktionen über 1.000 € gelten verschärfte Prüfpflichten.

Du solltest dich also nicht nur mit der nationalen Rechtslage befassen, sondern auch die künftigen EU-Vorgaben in deine Compliance-Prozesse integrieren.

4. Praktische Auswirkungen auf Unternehmen

Identifizierungsdruck steigt massiv

Unternehmen sind gezwungen, Eigentumsstrukturen bis zur letzten wirtschaftlich berechtigten Person aufzuklären. Besonders betroffen sind:

  • Konzerne mit verschachtelten Beteiligungsstrukturen

  • KMU, die auf Informationen ihrer Muttergesellschaft angewiesen sind

Dokumentation wird zur Pflichtdisziplin

Die bisherige Entlastungsmöglichkeit durch die Fiktion entfällt. Du musst künftig jeden Schritt im Identifizierungsprozess lückenlos dokumentieren. Fehlt ein Nachweis, kann das zur Transaktionsverweigerung führen.

Risiko: Transaktionsabbruch ab 10.000 €

Stell dir vor: Ein geplantes Geschäft über 11.000 € mit einem Partnerunternehmen scheitert, weil du den wirtschaftlich Berechtigten nicht eindeutig identifizieren kannst. Dieses Szenario wird absehbar zur Realität in der Compliance-Praxis.

5. Offene Fragen und Unsicherheiten in der Umsetzung

  • Was bedeutet „nicht ermittelbar“?

    • Geht es um technische Hürden, fehlende Transparenzregistereinträge oder um bewusste Verschleierung?

  • Wann ist die Ermittlung abgeschlossen?

    • Muss jeder einzelne Zwischenschritt dokumentiert werden? Reicht ein Abbruchversuch mit Beleg aus?

  • Kommt es zur Überlagerung durch EU-Recht?

    • Die EU-Geldwäscheverordnung könnte die Koalitionspläne in Teilen entwerten oder präzisieren.

6. Wie du dich jetzt vorbereiten kannst

  • Prüfe deine internen Prozesse zur Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter.

    • Gibt es definierte Zuständigkeiten?

    • Wird jede Informationsquelle dokumentiert?

  • Nutze externe Register intelligent.

    • Z. B. das Transparenzregister, Handelsregister, internationale Unternehmensdatenbanken.

  • Trainiere deine Mitarbeitenden gezielt.

    • Nicht nur die Compliance-Abteilung, sondern auch Vertrieb, Einkauf und Buchhaltung sollten sensibilisiert sein.

  • Ergänze deine Checklisten.

    • Transaktionsprüfung ab 10.000 € sollte einen klaren „Go/No-Go“-Indikator enthalten.

    8. Fazit: Die nächste Compliance-Stufe beginnt jetzt

    Du kannst die Umsetzung nicht aufschieben. Schon heute musst du damit beginnen, deine Prozesse zu prüfen und anzupassen. Das Transaktionsverbot ab 10.000 € bei fehlender Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter ist mehr als eine technische Änderung:

    Es ist ein Paradigmenwechsel hin zu absoluter Transparenzpflicht.

    Ergänzt durch das künftige Bargeldverbot, verschärfte KYC-Vorgaben und neue Verpflichtete ergibt sich eine neue Welt der Compliance, die du aktiv mitgestalten musst.

    Geplante Verschärfung der geldwäscherechtlichen Pflichten: Transparenzregister und Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter